Tagesfahrt Ubbelohde-Ausstellung
Die Landschaft präzise erfasst
Friedberg (pm). Die erste Studienfahrt dieses Jahres hat den Friedberger Geschichtsverein unter der Leitung seines Vorsitzenden Lothar Kreuzer auf die Spuren des oberhessischen Malers und Zeichners Otto Ubbelohde nach Marburg und ins nördlich davon gelegene Dorf Goßfelden geführt. An beiden Orten erhielt die Friedberger Besuchergruppe aufschlussreiche Erläuterungen zu Leben und Werk des Künstlers von dem aus Friedberg stammenden Kunsthistoriker Dr. Rainer Zuch.
Ubbelohde wurde 1867 in Marburg geboren. Er studierte an der Akademie der bildenden Künste in München und hielt sich mehrfach in den Künstlerkolonien Worpswede und Willingshausen auf. Seine Lebensweise ebenso wie seine Kunst weisen ihn als Anhänger der Lebensreformbewegung aus.
Durch die Übernahme von Auftragsarbeiten konnte sich Ubbelohde einen beträchtlichen Wohlstand erarbeiten. 1900 ließ er nach eigenen Plänen in Goßfelden außenliegend in der Nähe der Lahn ein Atelier- und Wohnhaus errichten, wo er mit seiner Ehefrau bis zu seinem Tod 1922 lebte. Es wurde bis 1914 zweimal erweitert. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs äußerte sich bei dem Künstler Kriegsbegeisterung, er illustrierte unter anderem Werbeplakate für Kriegsanleihen. Später wich die Euphorie der Resignation über das anhaltende Grauen des Kriegsgeschehens.
Sein Werk besteht zu einem Teil aus Grafiken und Gemälden, die vorzugsweise sein Erleben der mittelhessischen Landschaft wiedergeben. International berühmt wurde er durch etwa 450 Illustrationen aller Grimm’schen Märchen, die von 1907 bis 1909 erschienen. Sechs im Wetterau-Museum aufbewahrte Federzeichnungen mit Friedberger Motiven sind Ergebnis seiner Reisen in die Wetterau.
Anlässlich seines 100. Todestages sind Ubbelohde Ausstellungen an sechs Orten gewidmet: im Kunstmuseum der Philipps-Universität Marburg, im Landgrafenschloss, in der Universitätsbibliothek, im Hessischen Staatsarchiv, im Biedenkopfer Schloss und in Goßfelden, wo in dem seit 1999 von einer Stiftung betreuten Haus zurzeit die bis 1900 entstandenen Gemälde präsentiert werden. Es ist ein Haus, das durch die originale Einrichtung des Ateliers mit seinem umlaufenden Fries mit Märchenmotiven einen besonderen Reiz auf die Friedberger Besucher ausgeübt hat.
Den umfangreichsten Teil der Werkschau bietet das Kunstmuseum mit Werken, die nach 1900 entstanden sind, teils großformatigen Gemälde, die die Landschaft präzise in ihrer jahreszeitlichen Erscheinung und der jeweiligen Tageszeit erfassen. Es dominieren die Farben Braun, Grün, Blau und Weiß. Einige Gemälde sind Dorfszenen gewidmet, die Ubbelohde vor allem in der Region um Goßfelden gefunden hat. Tiere (zum Beispiel Vögel oder Schafe) und Menschen sind nur Beigabe zur Naturszenerie. Als Auftragsarbeiten fertigte er vor allem Grafiken, Vorlagen für Postkarten, Plakate und Buchillustrationen.
Die Ausstellung in Marburg kann bis zum 25. Februar besucht werden.
Reinhard Schartl
Wetterauer Zeitung, 01.02.2024