Nördliche Bergstraße

Im Fürstenlager

Die erste Exkursion des Jahres führte den Friedberger Geschichtsverein in der Reihe zur Provinz Starkenburg unter der Leitung von Hans Wolf an die nördliche Bergstraße. Statt Baumblüte und Frühlingswärme empfing die Reisegruppe Regen, Nebel und sattes Grün; nur selten riss der Himmel auf. Entlang der alten Handelsstraße, der am Hang gelegenen mittelalterlichen Geleitstraße, von vielen bereist und beschrieben, ging es hinter Eberstadt zur nördlichsten Burg an der Bergstraße, Frankenstein. Eigentlich seit Sonnenaufgang zugänglich wurde erst nach Rütteln am Tor und lautem Rufen Einlass gewährt. Mit wissensdurstigen Besuchern hatte man samstags früh bei Dauerregen nicht gerechnet. Der Besuch auf Burg Frankenstein war aber unverzichtbar, war sie doch mit Kernburg und Zwinger 400 Jahre lang Stammsitz der späteren Ockstädter Herren. Unter dem Leitspruch „Zu Gott steht meine Treue“ wurden mehrere Franckensteiner hohe katholische Würdenträger. In der Burgkapelle zusammengetragen wurden Grabplatten aus anderen Kirchen, unter denen die von Hans von Franckenstein und Irmela von Cleen herausragt, die nach Hochzeit, Ehevertrag und Erbfall den Familiensitz zentraler nach Ockstadt verlegten. Lokalhistoriker sehen keinen Zusammenhang zwischen Shelleys Monster-Roman und der Burg, anders als die Marketingstrategen des Restaurants.

Grabstein des Hans von Frankenstein und der Irmela von Cleen in der Kapelle der Burg Frankenstein

Von Jugenheim ging es dann zu Fuß zu Park und Schloss Heiligenberg hinauf. Aus dem ehemaligen Gutshof und dem nahen Kloster wurde im 19. Jh. eine Sommerresidenz der Darmstädter Großherzöge. Hier lebte Erbgroßherzogin Wilhelmine getrennt von ihrem Mann, der ihren Sohn Alexander offiziell als den seinen anerkannte. Dieser verliebte sich im Dienst des Zaren in die Hofdame Julia Hauke. Nach Hessen geflohen erhielt sie von Ludwig III. den standesgemäßen Titel einer Gräfin, später den der Fürstin von Battenberg. Heiligenberg wurde durch Alexander und Julie Ausgangspunkt der später nach Russland, England und Bulgarien verzweigten, in Europa einflussreichen Nebenlinie des Hauses Hessen. Jüngster Spross des Hauses Battenberg/Mountbatten ist Archie Windsor. Mausoleum, Grab und Gedenkkreuz sowie das Schloss mit Russenhaus und erstem Bad an der Bergstraße zeugen von der glanzvollen Epoche. Das 1930 aus Geldnot verkaufte Anwesen wurde nach dem Krieg als Ausbildungsstätte hessischer Lehrer bekannt.

Alsbach mit seinem wehrhaften Bergfried ist ein Beispiel, wie eine verarmte Erbengemeinschaft sich als Raubritter zu bereichern suchte, bis ein Heer unter Führung Frankfurts dem Treiben ein Ende machte.

Schloss Auerbach bot endlich den paradiesischen Blick in die Rheinebene und das Ried. 784 im Lorscher Codex erstmals erwähnt wurde es um 1130 als Kurmainzer Lehen Teil der Grafschaft Katznelnbogen, nach deren Aussterben 1479 hessisch. Seine dreieckige Anlage ist ein Blickfang in der Region.

Der Tag klang aus mit einem Spaziergang in den Staatspark Fürstenlager, einem herrschaftlichen Dorf im Stil des Klassizismus inmitten eines englischen Landschaftsgartens, Ende des 18. Jh. als Sommerfrische der Landgrafen entstanden.

Lothar Kreuzer

Vgl. Wetterauer Zeitung 21.5.2019

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