Simon, Kurze und lange Hessen

Vor einem gut besuchten Haus sprach der Bad Nauheimer Historiker und Lehrer Günter Simon

Der Referent Günter Simon

über zwei bedeutende Altstraßen in unserer Region, die seit dem Mittelalter die Messestädte Frankfurt und Leipzig über Eisenach miteinander verbanden. Während die »kurzen Hessen« eine direkte und damit schnelle Wegführung für Berittene oder leichte Fuhrwerke am unmittelbaren Nordrand des Vogelsberges über Alsfeld in den osthessischen Raum darstellten, führten die »langen Hessen« am östlichen Taunusrand über der Wetterau durch den Ebsdorfergrund in den Raum Eisenach und weiter nach Leipzig.

Die Straßen, die bereits in vor- und frühgeschichtlicher Zeit angelegt worden waren, bestanden aus nebeneinanderliegenden Rinnen oder Hohlwegen, die sich durchaus bis auf einen Kilometer ausdehnen konnten und wiederum miteinander verbunden waren. Sie wichen damit deutlich von der bereits sehr fortschrittlichen Straßenführung in römischer Zeit ab und müssen als eine Aneinanderreihung vieler Straßenabschnitte verstanden werden. Wies der Straßenverlauf infolge der ungünstigen Witterung zu viele Löcher auf, wurde eine neue Spur eröffnet. An feuchten Stellen wurden Steine verlegt.

Die »langen Hessen« waren meist dem schweren Güterverkehr vorbehalten und wiesen dementsprechend auch einen schlechteren Ausbauzustand auf. Ab 1800 erfolgte mit der napoleonischen Zeit die Blüte des Chaussee-Baus, von der auch ab 1830 die »kurzen Hessen« profitieren konnten. Damit wurden erstmals seit der römischen Zeit wieder echte Kunststraßen bei uns gebaut. Die Pflege des Straßennetzes oblag der einfachen Land- und Stadtbevölkerung, während die Herrschaft die Zölle auf den Straßen eintreiben durfte. Um sicherer zu fahren, konnte man sich von den Landesherren ein »Geleit« gewähren lassen. Das bestand in der Begleitung durch Bewaffnete, wofür erneut Kosten anfielen. Die Obrigkeit hatte somit enorme Einnahmequellen, und die Reisenden oder Kaufleute konnten auf Sicherheit vor Raubrittern und Wegelagerern hoffen.

 

Friedberg als Knotenpunkt

Trassenabschnitt der »kurzen Hessen« als Hohlweg am Chausseehaus zwischen Friedberg und Schwalheim. (Foto: Meisinger)

Friedberg war aufgrund seiner günstigen Lage ein bedeutender Knotenpunkt der »kurzen Hessen«. Der dänische Schriftsteller Jens Baggesen beschreibt im Jahre 1789 Friedberg als eine außerordentlich romantische und schön gelegene Stadt. Ein historisch erhalten gebliebener Abschnitt der »kurzen Hessen« führt noch heute als 7 Meter tiefer Hohlweg vom Friedberger Chausseehaus runter nach Schwalheim.

Im Norden von Ober-Mörlen steigt aus dem Usatal ein Abschnitt der »langen Hessen« markant herauf und führt dann gesäumt von zahlreichen Speierlingsbäumen weiter nach Ostheim weiter. Das südlich von Ober-Mörlen gelegene ehemalige Hofgut Hasselheck stellt eine ehemalige Straßenfeste an dieser Geleitstraße dar. Insbesondere von hier bis Ober-Rosbach lässt sich entlang der Autobahn die mittelalterliche Straße eindrucksvoll verfolgen.

Detailliert schilderte der Referent die Geschichte und besondere Bausubstanz der zahlreichen bedeutenden Städte entlang der beiden Handelsstraßen. Simon widmete sich darüber hinaus auch den unterschiedlichsten Berufs- und Gesellschaftsgruppen, wobei er auch biografisch namhafte Personen wie Martin Luther, Philipp der Großmütige und Margarethe von der Saale behandelte.

Mit lang anhaltendendem Applaus dankten die Zuhörer Günter Simon für einen interessanten Vortrag. Achim Meisinger

 

Vgl. Wetterauer Zeitung   21. April 2018

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