Fahrt Karlsruhe
Sein diesjähriges Fahrtenprogramm beschloss der Friedberger Geschichtsverein mit einer Tagesfahrt nach Karlsruhe. Unter Führung von Hans Wolf galt anlässlich des 300. Geburtstages der badischen Metropole das Hauptinteresse der Landesausstellung über den Stadtgründer im Schloss, der städtebaulichen Struktur der „Fächerstadt“ und den Stadterweiterungen, die maßgeblich vom badischen Baudirektor Weinbrenner und seinen Schülern geprägt wurde.
Als Spross der Badener Markgrafen, deren Familiengeschichte von konfessioneller Teilung und schwieriger Erbfolge bestimmt ist, machte sich Karl Wilhelm 1715 vom Sitz der nordbadischen Linie aus Durlach auf, um im Hardtwald als Mischung aus Eremitage und Residenz ein neues Schloss erbauen zu lassen. Von Versailles beeinflusst spiegeln die Pläne für Schloss und Stadt das absolutistische Ständeprinzip wider.
Der Eingangsbereich der Ausstellung ist in der Form eines barocken Theaters gehalten, dessen Dekoration ein Bild des verheerenden Brandes von Durlach 1689 thematisiert. Die Situation des von Kriegen zerrütteten Landes suchte der Herrscher mit wirtschaftlichen Privilegien und Religionsfreiheit für die Neusiedler zu bessern. Mit einer Gestaltungssatzung regelte er u.a. die Geschosshöhe der Häuser in den beiden Straßen – Zirkeln am Rand des zur Stadt hin ausgerichteten Lustgartens. Vom Schlossturm hatte er über die strahlenförmigen Sichtachsen alles im Blick. Der eher dem Theater und den Frauen als dem Militär zugewandte Markgraf brachte trotz lockeren barocken Hoflebens dem Land politische Reformen, fortschrittliches Recht, wissenschaftliche Erkenntnisse und alchimistische Experimente. Wichtige Weggefährten band er mit seinem neu gestifteten Orden Fidelitas (Treue) an sich.
Ein Stadtrundgang führte als erstes zum Bundesverfassungsgericht neben dem Schloss. Als Ausgleich für Bedeutungsverlust nach der Fusion zum Bundesland Baden- Württemberg wurde Karlsruhe Stadt des Rechts mit zwei obersten Gerichten. Richter Dr. Schartl, ehemals Mitarbeiter am BGH, erläuterte Aufbau und Zuständigkeiten des BVG, vor dem in letzter Instanz jeder Bundesbürger klagen kann.
Markgraf Karl Friedrich regierte ab 1746 für 65 Jahre, vertrat ab 1771 das fusionierte gesamte Baden und wurde von Napoleon zum Großherzog befördert. Karlsruhe erweiterte sich mehrfach, zu Beginn des 19. Jahrhunderts wesentlich von Weinbrenner, einem wichtigen Vertreter des Klassizismus, vorangebracht. Im Süden entstand ein Netz aus rechtwinkligen Straßen mit diagonalen Achsen. Stadtkirche, Rathaus, markgräfliches Palais, Stephanskirche und Ständehaus prägten als markante Bauten die Hauptstadt Badens, das erst durch seine frühe Verfassung und dann als revolutionäres Kernland Aufsehen erregte. Am Marktplatz, derzeit wegen U- Bahn- Baus Großbaustelle, wich die Konkordienkirche der Pyramide über dem Grab des Stadtgründers.
Mit der Standseilbahn ging es abschließend über die Dächer Durlachs auf den Turmberg, von wo man sehen konnte, was die Großstadt in der Rheinebene als Technologie- und Industriestandort und als Stadt im Grünen noch zu bieten hat. Mit einem Ersttagsbrief zum groß gefeierten Stadtjubiläum bedankte sich der Geschichtsverein bei Hans Wolf für die eindrucksvolle Fahrt.
Lothar Kreuzer