Presse 2012 Prämonstratenser Ehlers- Kisseler (Schartl)
Seine erste Vortragsveranstaltung im Winterhalbjahr 2012/2013 widmete der Friedberger Geschichtsverein den Prämonstratenserklöstern in der mittelalterlichen Wetterau. Dafür konnte die in Bad Nauheim lebende Historikerin Dr. Ingrid Ehlers-Kisseler gewonnen werden. Die ausgewiesene Kennerin der Geschichte dieses Ordens sprach über „Die Wetterau, die Prämonstratenser und das Reich“. Wie auch in der Vorstellung der Referentin und des Themas durch den Vorsitzenden des Geschichtsvereins, Lothar Kreuzer, zur Sprache kam, gehen die Prämonstratenser auf eine in der Reformbewegung des Hochmittelalters von dem Wanderprediger Norbert von Xanten 1120 im französischen Prémontré gegründete Gemeinschaft von Klerikern (auch Chorherren genannt) zurück, die sich der Lebensregel des hl. Augustinus (Besitzlosigkeit, Enthaltsamkeit, Unterordnung in der Gemeinschaft) unterstellten. Im Unterschied zu den Mönchsorden widmeten sie sich der Seelsorge nach außen. Im deutschen Reich fasste der Orden Fuß, als 1122 die Grafen Gottfried und Otto von Cappenberg ihre Besitzungen als Sühne für die Zerstörung des (Kölner) Münsteraner Doms der entstehenden Prämonstratensergemeinschaft übertrugen und Gottfried selbst in den Orden eintrat. Neben dem Kloster Cappenberg gründete er das Prämonstratenserstift in Ilbenstadt, dem ein Frauenstift in Niederilbenstadt angegliedert war. Mit diesen und dem Frauenkloster in Selbold befasste sich Dr. Ehlers-Kisseler unter dem Aspekt der machtpolitischen Verhältnisse in der Wetterau und im Reich. In ihrem konzentrierten, mit zahlreichen Fakten angefüllten Vortrag ging es der Referentin vor allem um die Stellung der Klöster zu den Machthabern im 12. Jahrhundert. Sie erinnerte zunächst daran, dass die Salier- und Stauferkönige im 11.und 12. Jahrhundert die Wetterau als Reichsland ausbauten. Zu dieser Zeit hatten in der Wetterau die vier Grafenfamilien der von Nürings, von Nidda, von Selbold-Gelnhausen und von Buchen-Hanau Besitzungen. Daneben trifft man auf sog. Reichsministeriale wie Kuno von Arnsburg, einem Ahnherrn der späteren Herren von Münzenberg. Mit dem Aussterben der Grafengeschlechter versuchten auch die Mainzer Erzbischöfe, in diesem Reichsland machtpolitisch Fuß zu fassen. Dies gelang ihnen, als 1123 das Ilbenstädter Kloster dem Mainzer Erzstift geschenkt wurde. Die Referentin wies aber ebenso daraufhin, dass 1166 das Kloster unter kaiserlichen Schutz gestellt wurde. Die Nähe der Prämonstratenser zum Kaiser rührte unter anderem daher, dass Otto von Cappenberg Taufpate des Stauferkaisers Friedrich I. Barbarossa war, und kam dadurch zum Ausdruck, dass Ilbenstadt 1133 vom Kaiser die Schiffzölle am Main geschenkt wurden. In Selbold war schon vor 1108 ein Kanonikerstift gegründet worden, der 1158 erstmals urkundlich bezeugte Übergang auf die Prämonstratenser hatte vermutlich aber schon einige Jahre vorher stattgefunden. Sowohl Ilbenstadt als auch Selbold unterhielten, wie Dr. Ehlers-Kisseler schilderte, zu dieser Zeit ein gutes Verhältnis zu den Mainzer Erzbischöfen. Dies lässt sich neben anderem dadurch belegen, dass der Ilbenstädter Propst als sog. Major der Vorsteher der Prämonstratenserklöster und der Selbolder Propst als Archidiakon wichtige Positionen im Erzbistum innehatten, die Ilbenstädter und Selbolder Pröpste 1166/1167 den Erzbischof auf einer Italienreise begleiteten, als Zeugen in erzbischöflichen Urkunden auftauchten und vor allem sich im sog. Schisma (Mehrfachbesetzung) um dem Mainzer Stuhl auf die Seite des vom Kaiser ernannten Erzbischofs schlugen. Weiter ging die Referentin auf das Verhältnis der beiden Klöster zu Friedberg und Gelnhausen ein. Die Selbolder Chorherren waren mit Gelnhausen schon dadurch eng verbunden, dass ihnen die Betreuung der Pfarrei in der Reichsstadt übertragen war. Ebenso stellte Dr. Ehlers-Kisseler ein gutes Einvernehmen der Ilbenstädter zur Reichsburg Friedberg bis ins 15. Jahrhundert fest, was sich beispielsweise darin äußerte, dass der Burggraf dem Kloster Güter in Ilbenstadt überließ und dessen Grundstücksverkäufe besiegelte. Dies änderte sich erst, als die Burg im 15. Jahrhundert die Schutzherrschaft über das Kloster anstrebte, woraufhin im 16. Jahrhundert sogar Burgmannen in das Stift eindrangen. Außer auf Ilbenstadt und Selbold ging die Referentin auch auf andere Niederlassungen des Ordens in der Wetterau ein, vor allem auf das Frauenkloster in Konradsdorf. Insgesamt kam sie zu dem Ergebnis, dass es den Stiften durchaus gelang, ihren Platz im Machtgefüge der Wetterau zu finden. An den mit anerkennendem Beifall bedachten Vortrag schlossen sich Fragen aus der Zuhörerschaft an, wobei sich Dr. Ehlers-Kisseler auch zum Schicksal der Klosterbauten in Selbold äußerte, die nach unterschiedlichen Auffassungen entweder nicht mehr vorhanden oder aber umgebaut noch im dortigen Schloss aufgegangen sind. Abschließend wies Lothar Kreuzer auf die nächste Vortragsveranstaltung des Geschichtsvereins am 15.11. über die Ofenkacheln im Wetterau-Museum hin. Reinhard Schartl.