Presse 2012 Lorsch

Mit seiner Fahrt nach Lorsch und dem Besuch des Klosters und der Sonderausstellung  zum 20jährigen Jubiläum als Weltkulturerbe hatte der Friedberger Geschichtsverein, von Herrn Wolf gut vorbereitet und von Archäologinnen fachkundig geführt, einen eindrucksvollen Start  ins neue Jahr.

Kloster Lorsch, 1991 als  erste von mittlerweile fünf Welterbestätten hessenweit ausgezeichnet, zählte zu den größten Anlagen des Mittelalters auf deutschem Gebiet. Bald nach seiner Gründung 764 aus den Reihen des fränkischen Herrschergeschlechts der Rupertiner und v.a. nach der Erhebung zum Reichskloster 772 wurde es durch Privilegien und Schenkungen, die von den Niederlanden bis in die Schweiz reichten,  politisches, kulturelles und wirtschaftliches Zentrum.

Zu seinem Ruhm trug seine Schreibstube und  Bibliothek bei, besonders das Evangeliar von 810. Ein kleines, aber wertvolles Gedicht ist auch der Lorscher Bienensegen, ein althochdeutscher Bannspruch aus dem 10.Jh., am Rande einer älteren lateinischen Handschrift notiert, den Herr Wolf vortrug und erläuterte. Dem Lorscher Codex, einem Verzeichnis des Klosterbesitzes, verdanken viele Gemeinden auch der Wetterau ihre erste urkundliche Erwähnung. Ende des 9. Jh. war das Kloster Begräbnisplatz für die ostfränkischen Könige. Ein Steinsarkophag wird Ludwig dem Deutschen zugeordnet (allerdings ließen sich die Karolinger gewöhnlich in Marmor betten), eine Handschrift des Nibelungenlieds sieht hier die Grablege Siegfrieds, wobei nach Öffnung des entsprechend großen Sarkophags in der Neuzeit zwei Skelette zu Tage gefördert wurden.   1232 bemächtigte sich der Mainzer Erzbischof des Benediktinerklosters, 1461 wurde es an den pfälzischen Kurfürsten verpfändet und nach der Reformation aufgelöst.

Seine Torhalle ist ein einzigartiges Baudenkmal der Epoche Karls des Großen. Ihre Funktion, ob Gerichts- oder Königshalle, Bibliothek oder Triumphportal, lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Unter späteren Schichten aus der Zeit ihrer Nutzung als Kapelle sind Wandmalereien aus der Bauzeit freigelegt worden. Mit römischem Steinmaterial aus rötlichem und weißem Sandstein u.a. aus Worms und Ladenburg wurde sie etwa um 830 mit Friesen und Kapitellen, für die sich Vorbilder in der Elfenbeinschnitzerei und der Buchmalerei finden lassen, in netzartiger Anordnung zweistöckig errichtet. Über alle Epochen hinweg sind die Schichten der verschiedenen Umbaumaßnahmen nachweisbar. Herausragend das im Mauerwerk verbaute   Fragment einer antiken Herkulesstatue. Der Mosaikfußboden wurde später durch Fliesen ersetzt, das herausgeschlagene Originalmaterial diente dann in wahlloser Anordnung als Untergrund des Weges zur Latrine.
Über die genaue Lage und Ausdehnung des romanischen Kirchenbaus gibt es unterschiedliche Theorien. Mehrere Brände haben ihn heimgesucht. Zwischen den Obstbäumen beim Kräutergarten wurden die Mönche bestattet. Jede Pflanze dort hatte ihr eigenes Beet, das Arzneibuch von 795 verzeichnet u.a. Leidenschaften dämpfende Mittel wie den Mönchspfeffer. Funde medizinischen Kleingeräts sind Indiz für Krankenpflege vor Ort. Viele Steinfunde sind aus Zweitverwendung erhalten und zeugen für weitere Bauten ähnlich der Torhalle, stammen von einer Chorschranke oder sind Altarsäulen aus der romanischen Kirche.

Filigrane Verarbeitung von Holz, Horn, Metall oder Glas weist auf Handwerkerfamilien, die im Kloster mitarbeiteten. Für die Pracht der Bibliothek sprechen Buchdeckel mit Gold- oder Emailverzierung, eine Handschrift des Vergil etwa aus dem Jahr 500 oder die Verwendung von Goldtinte und Purpurfärbung bei der Ausstattung des Evangeliars.  Auf dem späteren  Transport in den Vatikan wurde es teilweise unfachmännisch zerteilt und in Einzelteilen verkauft.

Band 59 der Wetterauer Geschichtsblätter ist erschienen und kann von den Mitgliedern auf der Geschäftsstelle abgeholt oder in der Buchhandlung Bindernagel erworben werden.

Lothar Kreuzer

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