Lothar Kreuzer: Weltweit größte Orgel einer Kathedrale bestaunt

Wetterauer Zeitung, 17.06.2011

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Viertägige Fahrt des Geschichtsvereins nach Regensburg und ins Städtedreieck Landshut, Passau und Straubing

von Lothar Kreuzer

 

Mit der viertägigen Fahrt nach Regensburg, der heimlichen Hauptstadt des Alten Reiches, und nach Niederbayern ins Städtedreieck Landshut, Passau und Straubing führte Hans Wolf im 31. Jahr den Friedberger Geschichtsverein bei einer Mehrtagesfahrt. Gründlich, aber kompakt informierte er über die wechselvolle bayrische Geschichte und die Eigenart und Rivalität der Volksstämme, die von 1180 bis 1918 vom Haus Wittelsbach regiert wurden. Seit Auflösung der geistlichen Territorien 1806 und dem Wiener Kongress sind Bayerns Grenzen unverändert; mit Sonderrechten 1871 kam es ins Deutsche Reich. Dem Grundgesetz stimmte es 1949 als einziges Bundesland nicht zu, trat ihm aber bei. Der Löwe als Wappentier stammt aus der Pfalz, die weiß- blaue Raute kam aus der Bogener Erbschaft hinzu.

Über die erste Station Regensburg hinaus bekam man einen intensiven Eindruck von der weiten Landschaft Niederbayerns, die nachhaltig von Landwirtschaft und vermögenden Bauern geprägt wurde. Die aus dem Mittelalter geschlossen erhaltene Regensburger Altstadt ist nicht viel größer als der über drei Jahrhunderte bedeutende Militärstützpunkt der Römer, von dem die Reste eines der Porta Nigra vergleichbaren Stadttores zeugen. Über dem Grab des Missionars Emmeran entstand ein Reichsstift, Basis der späteren Bischofsstadt. Die Steinerne Brücke von 1135 begünstigte in der ersten Hauptstadt der bayrischen Herzöge den europaweiten Handel. In Geschlechtertürmen nach italienischem Vorbild demonstrierten die aufstrebenden Patrizier ihre Macht und ihren Reichtum. Immer wieder tagten hier Reichstage, ab 1663 immerwährend, da man sich über Steuerfragen nicht abschließend einigen konnte. Bei der nach Rängen abgestuften Sitzordnung der Reichsstände wurde eine Lösung „auf die lange Bank geschoben“. Friedberg, Mitglied der Rheinischen Bank, wurde meist durch den Frankfurter Gesandten mitvertreten. Zu Reichsprinzipalkommissaren ernannt residiert die Familie Thurn und Taxis seit 1748 in der Stadt. Bedrückend, dass sich direkt unter dem Sitzungssaal des Reichstags im Keller des Rathauses das Gefängnis mit dunklen Einzelzellen und allen Arten von Folterinstrumenten befanden.

Landshut und auch Straubing beeindrucken mit ihren mit Friedberg vergleichbaren breiten Markstraßen, deren herausgeputzte Fassaden in großzügigen Fußgängerzonen bei Sonnen- und Laternenschein erstrahlten. Landshut, 1204 gegründet, wurde nach einer ersten Landesteilung 1255 Residenz von Niederbayern. Seine drei herausragenden Bauwerke standen im Zentrum der Besichtigung: Burg Trausnitz, von der die Herzöge später in die Stadt zogen, durch die reichen Herrscher im 15. Jh. prächtig ausgebaut, die erste in Deutschland im Stil der Renaissance erbaute Stadtresidenz und St. Martin mit dem mit 130,6 m höchsten Kirchturm aus Ziegelsteinen. Sinnbild geschickter Heiratsdiplomatie und des Reichtums ist die „Landshuter Hochzeit“ mit der polnischen Königstochter, für die 1475 ein Jahreseinkommen des Hofes eingesetzt wurde.

Aus den Reihen der Mitfahrenden kamen ergänzende Beiträge zur Astronomie (Kepler), Geologie (Isargletscher) und Musik. Seine Ausführungen über Orgelbau krönte Willi Stoll mit dem Vortrag von Obertonbeispielen über mehrere Oktaven. Damit stimmte er ein auf ein Orgelkonzert im Passauer Dom, bei dem der Domorganist die Orgel, mit ihren 18 Tausend Pfeifen und 233 Registern die größte in einer Kathedrale weltweit, in ihrer Klangfülle ertönen ließ. Bei einem Rundgang und von den Anhöhen auf dem Mariahilfberg und der Feste Oberhaus gewann man einen guten Eindruck von der beengten Lage der Drei- Flüsse- Stadt, dem Sitz des einst größten deutschen Bistums.

Über Bogen, den Heiligen Berg Niederbayerns, in dessen Wallfahrtskirche das Altarbild eine Mutter Gottes in der Hoffnung zeigt, ging es durch den Gäuboden nach Straubing, u.a. berühmt durch Agnes Bernauer, die um 1430 nach nicht standesgemäßer Heirat mit dem Sohn des Herzogs aus Staatsräson geopfert und als Hexe verurteilt wurde. Neben den Städten standen jeden Tag in der Region Kleinodien aus der Barockzeit auf dem Programm: die Klosterkirche von Rohr mit den Jüngern in ihrer verstörten Reaktion auf Mariens Himmelfahrt; Pfarrkirchen im Rottal, wo bei sogenannten Grabenhäusern Schmuckfassaden die eigentlichen Häuser verbergen; die Wallfahrtskirche von Sammarei (in sie ist ein Vorgängerbau aus Holz integriert, der einen Brand überstanden hat), bemerkenswert durch das Bildnis eines g’schlamperten Engels; die dreischiffige Stiftskirche von Altenmarkt mit ihrem Thronsaal zu Ehren Gottes; die alte Benediktinerabtei Niederaltaich mit ihrem Reformabt Godehard (Namensgeber des Gotthardt- Passes); die prächtige barocke Bibliothek des Klosters Metten; Schloss Alteglofsheim, in dem in höfischem Ambiente ab 2 Uhr morgens unter barocken Fresken nach Motiven aus Ovids Metamorphosen für die Gesandten des Reichstags Galadinners veranstaltet wurden.

Der abschließende Dank galt Herrn Wolf für die gelungene Gesamtleitung und dem Fahrer für die sichere Reise über mehrere hundert Kilometer täglich..

Lothar Kreuzer

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