Hans-Helmut Hoos: Herausragende Rolle bei der Erhaltung des Judenbades
Wetterauer Zeitung , 05.03. 2010
»Herausragende Rolle bei der Erhaltung des Judenbades «
Vortrag
von Hans-Helmut Hoos beim Geschichtsverein über den jüdischen Lehrer und Historiker Heinrich Ehrmann
von Walburga Glinka-Rack
Hans-Helmut Hoos referierte beim Friedberger Geschichtsverein
„Unser Erziehungsideal muss sein: ein willens und tatkräftiges Individuum““
In der Vortragsreihe des Friedberger Geschichtsvereins referierte Hans-Helmut Hoos im Bibliothekszentrum Klosterbau über den Jüdischen Lehrer und Historiker Heinrich Ehrmann (1856 bis 1931). Dieser trat im September 1884 sein Amt als zweiter Lehrer der jüdischen Gemeinde Friedbergs an, das er bis zu seiner Pensionierung 1925 innehatte, also 40 Jahre, länger als jeder Lehrer oder Rabbi vor ihm. Er hatte die Aufgabe des Rabbis übernommen, dessen Stelle seit 1841 nicht mehr besetzt worden war. Damit verbunden war die Durchführung der Synagogengottesdienste, der Unterricht der jüdischen Kinder in der hebräischen Sprache und Religion, die Gemeindeverwaltung sowie die Repräsentation der Jüdischen Gemeinde in der Stadt. Mit Hilfe des Stadtarchivs konnten anhand der Melde- und Standesregister das genaue Einzugsdatum der Familie Ehrmann nach Friedberg aus Burgpreppach für den 20.08.1884 nachgewiesen werden ,ebenso die genauen Geburtsdaten der acht Kinder und die Lebensdaten der Ehefrau.
Hoos ging in seinem Vortrag vorrangig auf die bisher wenig bekannte Biografie Ehrmanns, auf seinen schulischen und beruflichen Werdegang und auf die verschiedenen Stationen seines Lebens ein. Ehrmann wurde am 2. Februar 1856 als Sohn des Kaufmanns Abraham Ehrmann in Poppenlauer, heute Ortsteil der Marktgemeinde Maßbach im unterfränkischen Landkreis Bad Kissingen geboren. Das Straßendorf Poppenlauer liegt im Tal der Lauer und ist geprägt von kleinbäuerlicher Landwirtschaft, Kleingewerbe und Lohnarbeit. 1856 betrug der Anteil der Juden in der Gemeinde noch über 14 %, es gab jedoch daneben eine evangelische und eine katholische Gemeinde. Seit seiner Kindheit war Ehrmann also daran gewöhnt, sein Judentum bewusst und ohne diffamiert zu werden zu leben und mit den beiden anderen Konfessionen auszukommen .Die konservativ ausgerichtete Landjudengemeinde im 19. Jhdt. war für Ehrmann in seiner Kindheit prägend. Im Alter von etwa zehn Jahren besuchte Ehrmann die renommierte Privatschule des Rabbiners Abraham Hirsch in Mainstockheim. Aufgrund der Empfehlungen des Schulleiters und der Lehrkräfte in Mainstockheim konnte Ehrmann anschließend die Israelitische Lehrerausbildungsanstalt in Würzburg (ILBA) besuchen, in der er seine Berufung zum Lehrer erkannte. Unter der Federführung des Distriktsrabbiners Seligmann Bär Bamberger in Würzburg 1864 begründet, bildete die Anstalt orthodoxe jüdische Lehrer aus.
Als einer der ersten Absolventen diese Schule trat Ehrmann, kaum 20jährig, sein erstes Amt als Lehrer an der Präparandenanstalt in Burgpreppach (Landkreis Hofheim in Unterfranken) an. Hier lernte er seine Frau Regina, die Tochter des evangelischen Realschullehrers Pfeiffer kennen, die er 1881 heiratete. Seine Frau trat zum Judentum über, was vermutlich einiges Aufsehen in den beiden religiösen Gemeinden auslöste. Dies war auch, wie der Referent vermutet, der Grund, warum Ehrmann sich 1884 nach Friedberg orientierte.
Hoos zitierte in seinem Vortrag häufig aus den sieben Notizbüchern Ehrmanns für dessen Friedberger Zeit von 1884-1925, die der Referent 2007 wiederentdeckt hatte. Diese erlauben einzigartige Einblicke in das Leben des jüdischen Lehrers, in seine Denkweise, sein berufliches Leben, sein ehrenamtliches Engagement, Alltagsleben und auch in sein Selbstverständnis als Lehrer und Jude.
Zum Abschluss des Vortrags stellte Hoos die herausragende Rolle Ehrmanns bei den Bemühungen um die Erhaltung des Judenbades heraus, dessen 750 jähriges Jubiläum in diesem Jahr in Friedberg gefeiert wird. Durch die Gründung des „Vereins für jüdische Altertümer“ und den Rückkauf der Mikwe 1897, wurde schließlich die Renovierung des Judenbades 1902/03 ermöglicht und neue Erkenntnisse zu dessen Geschichte gewonnen. Hoos regte schließlich an, zu Ehren des überregionalen Publizisten, Mitbegründers und Ehrenmitgliedes des Friedberger Geschichtsvereins nach Heinrich Ehrmann eine Strasse in Friedberg zu benennen.
Walburga Glinka-Rack