Vortrag Keller-Tucker: Einblicke in eine nahezu unbekannte Welt

Frankfurter Rundschau (S.37), 21.02.2004

»Einblicke in eine nahezu unbekannte Welt«

Ex-Truppenkommandeur der US-Armee und Erster Stadtrat erzählen aus der Geschichte der Friedberger Kaserne

von Petra Zeichner

 

Derzeit ist Friedbergs Kaserne fast verwaist. Doch bald kommen die Soldaten aus Irak zurück. Der ehemalige Truppenkommandeur Michael Tucker und der Erste Stadtrat Michael Keller erzählten am Donnerstag über die Geschichte der Kaserne.

Die rund 2600 Soldaten der in den Ray Barracks stationierten Ersten Brigade kommen im April oder Mai aus Irak zurück. Das sagte Colonel Michael Tucker, bis 2003 zweieinhalb Jahre lang Kommandeur der US-amerikanischen Truppen in der Kreisstadt. Und Erster Stadtrat Michael Keller setzte nach: 2007 oder 2008 würden die USA ihr Militär aus der Kreissadt endgültig abziehen.

Anlass der Nachrichten war eine Veranstaltung des Geschichtsvereins am Donnerstagabend im Bibliothekszentrum Klosterbau. „Nah und doch so fern“ hieß sie und nahm die Geschichte der Kaserne, seit 1945 Ray Barracks, unter die Lupe. Kellers Vortrag begann mit den Jahren 1913 und 1914,als die Kaserne erbaut wurde. „Die Garnison war bei allem Patriotismus, bei allem Verlangen nach Militärkapelle und glänzender Wehr Standortpolitik“. Denn die vielen Soldaten seien von den Stadtoberen vor allem auch als Verstärkung der Kaufkraft gesehen worden, so Keller. Bezahlen mussten sie dafür mit „bestem Wetterauer Ackerland“, auf dem die ersten Mannschaftsgebäude entstanden. Das war die von Helmholtsche Hofreite, die so genannte alte Bergkaserne in der Frankfurter Straße (heute Grüner Weg).

Seit Herbst 1914 war die Kaserne bezugsfertig. Der Erste Weltkrieg machte jedoch einen Strich durch die Rechnung. Das 3. Bataillon des 5. Großherzoglich-Hessischen Infanterie-Regiments, das hier einziehen sollte, war seit August im Einsatz. So nutzte man die Gebäude als Kriegsgefangenenlager.

Nach dem Krieg wurde auf der Grundlage des Versailler Vertrages eine entmilitarisierte Zone im Umkreis von 50 Kilometern um Mainz eingerichtet. Die Grenze verlief mitten durch Friedberg, die Garnison lag noch innerhalb. Soldaten durften nicht einziehen, dafür die Schutzpolizei. Als Hitler 1936 das Rheinland besetzte, fiel damit auch der Versailler Vertrag und die Nationalsozialisten machten sich die Garnison zu eigen.

Die rund 130 Zuhörerinnen und Zuhörer folgten Kellers Worten gebannt. Auch eine Reihe jüngerer Menschen war gekommen. Sie drängelten sich an der Wand und saßen auf der Treppe, weil alle Stühle besetzt waren. Viele haben die historischen Orte auf den Dias noch selbst gesehen.

…Auch an Michael Tuckers Vortrag hatte das Publikum nichts auszusetzen, obwohl sich der ehemalige Kommandeur vorrangig auf die Rolle der US-Armee in Deutschland nach 1945 konzentrierte. Die Friedberger Ray Barracks erwähnte er nur am Rande.

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