Hans Wolf: Auf den Spuren von Bismarck und Till Eulenspiegel

Wetterauer Zeichnung, 07.06.2010

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Fahrt des Geschichtsvereins nach Sachsen-Anhalt – Magdeburg: Wo das erste gotische Bauwerk Deutschlands entstand

von Lothar Kreuzer

 

Der Friedberger Geschichtsverein lernte auf seiner Viertagefahrt Sachsen- Anhalt kennen. Hans Wolf führte sinnvoll geplant und gut strukturiert an 17 Stationen. Das künstlich geschaffene Sachsen- Anhalt besteht aus dem ehemaligen Herzogtum Anhalt mit seinen vier Linien und in der Altmark, Stammland der Brandenburger. Die Stadt Magdeburg mit dem 968 gegründeten Erzbistum spielte im Rahmen der Ostkolonisation eine entscheidende Rolle.

Über die Pfalz in Memleben, dem ursprünglichen Machtzentrum im Tal der Unstrut, ging es nach Nebra, wo multimedial die Bedeutung der vor 3600 Jahren geschaffenen bronzenen Himmelsscheibe als Meilenstein der Astronomie herausgestellt wird, mit Ausblick auf den eigentlichen Fundort am Mittelberg, der in den Berechnungen, die als Elitewissen mündlich weitergegeben wurden, eine wichtige Rolle spielt. Tagesaktuell wurde der Gruppe die neueste Erkenntnis über die Herkunft der Goldlegierung der Scheibe aus Cornwall vermeldet. 1999 wurde die Scheibe von Grabräubern aufgespürt.

Sachsen- Anhalt war wichtig für die Reformation. In der Kapelle des Schlosses in Allstedt trug Herr Wolf aus Müntzers aufrührerischer „Fürstenpredigt“ vor, in der er gegen die falschen Lehrer des Evangeliums und gegen den fürstenfreundlichen Luther wetterte. In St. Andreas in Eisleben steht noch die Kanzel, von der Luther predigte. Eine Führung in seinem Geburtshaus zeigte eindrucksvoll die Familiengeschichte der durch Einkünfte aus dem Bergbau gut situierten Familie.

In Oberwiederstedt wurde 1776 Novalis geboren. Herr Wolf rezitierte vor dem Schloss der Familie Hardenberg ein Gedicht des Romantikers..

Der Rundgang durch Magdeburg , auch 3. Rom genannt, führte von der Wallonenkirche zur Petrikirche, wie Friedberg mit Fenstern von Cordel ausgeschmückt, zum Denkmal des berühmten Bürgermeisters und Wissenschaftlers Guericke (Halbkugeln), zum Markt mit der vergoldeten Statue des Magdeburger Reiters und am Hundertwasser- Haus vorbei zum Dombereich, wo nach einer Fluchtburg im Kampf gegen die Slawen das geistige Zentrum und ab 1209 mit dem Dom das erste gotische Bauwerk in Deutschland entstand. Archäologen graben derzeit nach Vorgängerbauten. Trotz der Baustelle beeindruckte der Dom mit seinem romanischen Kreuzgang, der Grablege Ottos I. und seiner reichen Innenausstattung und figürlichen Plastik.

Über Zerbst, woher die spätere Zarin Katharina II. stammt, ging es nach Dessau. Das 1925 aus Weimar umgesiedelte Bauhaus wollte in neuer Einheit von Kunst und Technik in einer Mustersiedlung rationales Arbeiten im Hausbau und Haushalt zeigen. In der Kolonie der Gartenhäuser spielte u.a. die Farbauswahl eine wichtige Rolle, Schlafzimmer mit schwarzen Tapeten und einheitliche Möblierung konnten sich jedoch nicht durchsetzen.

Das Barockschloss Oranienbaum bestach mit Ledertapeten, mit tausenden alter Kacheln aus der Bauphase, einer riesigen Orangerie und einem dem Namen entsprechenden Kunstwerk auf dem Markt.

Das Prämonstratenserkloster Jerichow in der Altmark wurde mit seiner Basilika in Backsteinromanik stilbildend für weitere Kirchenbauten. Es war 1144 vom Ordensgründer Norbert von Xanten, Erzbischof von Magdeburg, gegründet worden.

Die Familie Bismarck in Schönhausen ist ein typischer Vertreter alteingesessenen Adels, der gegen die Hohenzollern als neue Herren opponierte. Als Leiterin der Außenstelle der Bismarck- Stiftung arbeitet eine ehemalige Schülerin von Herrn Wolf. Im Museum sind u.a. eine Menge sonderbarer Geschenke an Bismarck ausgestellt.

Tangermünde, unter den Ottonen als Grenzburg gegründet, kann mit einem geschlossenen mittelalterlichen Stadtbild aufwarten. Karl IV. verschaffte ihm eine kurze Blüte als brandenburgische Nebenresidenz. Ein Aufstand gegen die Biersteuer führte zum Wegzug ins spätere Berlin. Die Geschichte um Grete Minde, die angebliche Verursacherin des Stadtbrandes, gestaltete Fontane literarisch aus. In St. Stephan wurde die dort spielende Szene vorgetragen.

Albrecht der Bär verlieh Stendal Magdeburger Recht, das beispielgebend wurde. Stendal war vom 14. bis 16. Jahrhundert die mächtigste Stadt der Mark. St. Marien und der Roland künden von der Bedeutung als Hansestadt. Der Dom St. Nikolaus glänzt mit dem Bilderzyklus der Chorfenster aus dem 15. Jahrhundert. Winckelmann, der Begründer der Kunst des Altertums, wurde als Sohn eines Schumachers in Stendal geboren.

Hoch oben empfing der romanische Dom von Havelberg die Besucher mit seinem wehrhaften Westriegel. Hervorragend seine Innenausstattung, vorrangig aus dem 14. Jahrh..

Bernburg, die älteste Residenz Anhalts, teilt sich in die gräfliche Ober- und die bürgerliche Unterstadt. Im Renaissanceschloss soll Eulenspiegel als Turmwächter die Herrschaften genarrt haben. Am Hof in Köthen wirkte nicht nur einst Hofkapellmeister Bach, sondern lockerte auch Frau Herrmann mit einer Einlage am Cembalo die Führung auf. Fürst Ludwig gründete und leitete im 17. Jahrh. die „Fruchtbringende Gesellschaft“, die durch Umbenennungen der Überfremdung der deutschen Sprache begegnen wollte (z.B. Kerbtier statt Insekt).

Der Zusammenbau zweier Kirchen ist die Attraktion der alten Salzhandelsstadt Halle. Vier Türme und der mächtige Marktglockenturm sind Wahrzeichen. Prächtig im Innern die Spätgotik mit Anklang der Renaissance und die Orgel. Halle wurde preußische Universität der Provinz Sachsen. Viele berühmte Bürger sind in Familiengruften auf dem als Campo Santo angelegten Gottesacker bestattet. Der Jugendstilbaumeister Wilhelm Jost wirkte nach seiner Zeit in Friedberg in Halle. Der Besuch der Franckeschen Stiftungen (Waisenhaus, Armen- und Missionsschule, Bibelanstalt), die zur praktischen Ausbildung im Geiste des Pietismus dienten, stand am Ende des reichhaltigen Programms, für dessen Durchführung die Mitfahrenden Herrn Wolf und ihrem Chauffeur sehr herzlich dankten. Der zweiten Reisegruppe im August kann man nur besseres Wetter wünschen.

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