Vortrag zum Kriegsende in Friedberg vor 60 Jahren

Wetterauer Zeitung, 31.03.2005

»Vernichtung wäre einzige Alternative gewesen«

J. Meißner referierte über Kriegsenden in Friedberg und den Partnerstädten – Frappierende Parallelität der Ereignisse

von Mohr


 

Friedberg. (mor). Anlässlich des 60. Jahrestages der kampflosen Übergabe der Stadt an die US-Amerikaner hatten Geschichtsverein und Magistrat am Dienstagabend zu einer Veranstaltung ins Bibliothekszentrum Klosterbau eingeladen. 100 fast ausschließlich ältere Besucher kamen. In einem anderthalbstündigen Vortrag über »Das Ende des Zweiten Weltkriegs in europäischer Perspektive« erörterte der Friedberger Historiker und Journalist Dr. Joachim Meißner, wie das Ende des Zweiten Weltkriegs in der Kreisstadt und den Partnerstädten erlebt wurde. Eine Präsentation zeitgenössischer Fotografien rundete den Vortrag ab. In einer anschließenden Diskussion zogen der Erste Stadtrat und Kulturdezernent Michael Keller, Referent Meißner selbst und der Vorsitzende des Geschichtsvereins, Hans Wolf, ein Resümee aus den zuvor geschilderten Tatsachen. Dabei wurde insbesondere auf die Leistung einzelner Akteure verwiesen, die mit mutigen Einsätzen ein friedli.»Die Geschichte der Städtepartnerschaft ist die glückliche Konsequenz aus dem Entschluss, eine neue gesamteuropäische Katastrophe wie im Zweiten Weltkrieg zu vermeiden«, erklärte Stadtrat Keller zu Beginn der Veranstaltung. Jedoch werde seitens der Partnerstädt.Meißner versuchte in seinem Vortrag, jene Leerstellen zu füllen, die trotz vorhandener Zeitzeugen und Schriftdokumenten bestehen geblieben seien. Zu Beginn bot er einen Rückblick auf den Beginn des Krieges. In Villiers-sur-Marne habe am Anfang die Plünderung der alten Molkerei gestanden. Angst vor Lebensmittelknappheit habe die Einheimischen am 14. Juni 1940 zur Plünderung des Depots bewogen. Die dort einquartierten Soldaten.In Bishop’s Stortford habe der Kriegsalltag aus Evakuierungen und Luftangriffen bestanden. Diese hätten insbesondere den außerhalb gelegenen Militärflugplatz, der heute als London-Stansted bekannt ist, zum Ziel gehabt. Von dort aus seien die amerikanischen und englischen Alliierten ständig zu Bombardements der deutsch-besetzten Normandie ausgerückt. Im oberhalb des Comer Sees gelege.In Friedberg hätten die Bombenangriffe der Alliierten am 26. November 1943 begonnen. Bis zum letzten Bombardement am 25. März 1945 habe die Stadt eini.
Hitlers »Nerobefehl« am 18. März 1945
Am 18. März 1945 sei von Adolf Hitler der »Nerobefehl« erlassen worden. Dieser habe vorgesehen, die beim Rückzug aus der Sowjetunion angewendete Strategie der »verbrannten Erde« gegen die übrig gebliebene, somit »unwürdige« deutsche Bevölkerung sel.Friedberg sollte daraufhin zur Festung ausgebaut werden. Kampfkommandant Fred Henrich habe man darauf vereidigt, den Standort bis zum Äußersten zu verteidigen, erklärte Meißner. Doch Henrich habe sich anders entschieden und mit Regierungs-Oberbaurat Metzger eine friedliche Kapitulation vorbereitet. Metzgers Haus habe neben dem Gefechtsstand in der Burg gelegen. Daher sei vereinbart worden, dass auf das Stichwort »Kohlweißling« Metzgers Tochter Anneliese ein weißes Laken aus dem Haus hängen und damit Übergabebereitschaft bekunden solle. Ein den Standort inspizierender Flakhauptmann habe allerdings den ersten Kapitulationsversuch am 28. März verhindert, indem er verlangt habe, die Fahne wieder einzuholen. Da Henrich einen Nervenzusammenbruch erlitten habe, sei Heinrich Wölk z.Nachdem Infanterie-Leutnant Gustav Hammann vor Friedberg auf die Amerikaner Oberleutnant Jerome R. Tichy und Major Walter G. Smith gestoßen sei, habe er beide zu Wölk geführt. Dieser habe angesichts der Vernichtung als.Auch Magreglio sei dank der Überzeugungsarbeit des Friedberger Autors Henry Benrath alias Albert Rausch einer Vernichtung durch die für Partisanen-Unterstützung Vergeltung suchenden Deutschen nur knapp entgangen. In Villiers-sur-Marne habe der spätere Bürgermeister Monsieur Rouy durch Verhandlungen mit einem deutschen Unteroffizier ein friedvolles Ende herbeigeführt. Der Deutsche habe letztlich von einem harten V.
Kaum Informationen aus Bishop’s Stortford
Angesichts dieser Ereignisse falle auf, dass es ein Kriegsende nicht gebe, sondern diverse Kriegsenden, stellte Meißner fest. Ein aufgeklärtes Geschichtsbewusstsein sei Voraussetzung für einen verantwortungsvollen Umgang mit Geschichte. Diesbezüglich sei es schade, dass aus Bishop’s Stortford keine zuverlässigen Quellen vorlägen. Zum Glück habe er für die Rekonstruktion der hiesig.Der Geschichtsvereinsvorsitzende Wolf wies auf den hohen politischen Stellenwert von gemeinsamem Erinnern hin. Diesbezüglich sei die Veranstaltung für Friedberg sehr wichtig. Dies bezeuge auch das rege Interesse der Anwesenden, darunter Zeitzeugen wie der ehemalige italienische Kriegsinternierte Duilio Merlo. Ein Austauschen der gegenseitigen Erfahrungen sei – von einer intensiven Vertrauensbasis abhängig, betonte Altbürgermeister Dr. Ludwig Fuhr. Meißner bedauerte in diesem Zusammenhang, – dass ein gemeinsames, offenes Sprechen mit den Partnerstädten über die Ereignisse noch immer kaum erfolge.

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