Südliche Bergstraße

>Der Friedberger Geschichtsverein setzte sein Fahrtenprogramm fort mit der fünften Etappe seiner Tagesexkursionen in die ehemalige Provinz Starkenburg. Hans Wolf führte an die südliche hessischeBergstraße. Am Vormittag stellte er in zwei kompakten Stadtführungen Bensheim und Heppenheim vor. Die heimlichen Rivalen durchliefen eine fast parallele historische Entwicklung. Im Kodex des karolingischen Klosters Lorsch, der späteren Reichsabtei, Ende des 8. Jahrhunderts erstmals erwähnt, von Karl dem Großen mit der Mark Heppenheim dem Kloster übereignet, früh mit Marktrecht ausgestattet wechselten die Städte nach der Stauferzeit bis 1803 als Lehen ins Erzbistum Mainz, unterbrochen von etwa 200 Jahren, in denen sie der Kurpfalz verpfändet waren. Im Großherzogtum Hessen kam Heppenheim mit der Starkenburg und als alter Verwaltungssitz bei der Ernennung zur Kreisstadt an der Bergstraße zum Zuge.

am Pranger in Birkenau

Ein bedeutendes Geschlecht in der Region sind die Wambolt von Umstadt, die Erzbischöfe und Domherren stellten, aber auch Friedberger Burgmannen waren. In Bensheim hatten sie als Mainzer Amtmänner einen repräsentativen Steinbau. In Birkenau errichteten sie ein Barockschloss als Stammsitz. Legende wurde, wie die „Fraa vun Bensem“ am Ende des 30jährigen Krieges bayrischen Truppen „hinnerum“ den Weg in die Stadt ausleuchtete und die Stadt so wieder zum katholischen Mainz kam. Statt der wegen Baufälligkeit abgerissenen mittelalterlichen Kirche ließ Hofbaumeister Moller St. Georg wie eine frühchristliche Basilika in klassizistischem Stil neu erbauen. Ebenso wurde St. Peter in Heppenheim 1904 vom Mainzer Dombaumeister Becker, der auch in Ockstadt und Bad Nauheim baute, neu errichtet. Unter den älteren Kunstwerken der Kirche ragt eine Madonna hervor, ähnlich und etwa zeitgleich zur Lettner-Madonna der Stadtkirche.

In Bensheims Altstadt steht der Walderdorfer Hof von 1395 als ältester Fachwerkbau Südhessens, Heppenheim hat Ackerbürgerhöfe, den Stadtsitz der ehemaligen Burgherren und das Marktplatzensemble samt Seitengassen zu bieten. Hier wohnte von 1916 bis 1938 der jüdische Theologe Martin Buber. Seine Frau stellte in einem Roman von 1940 die Nachbarschaft im Dritten Reich bloß. „Zum halben Mond“ wurde 1948 Gründungslokal der FDP in Erinnerung liberaler Treffen im Vorfeld der Revolution von 1848.

Dritte Station war Birkenau, Stadt der derzeit 213 Sonnenuhren. Herr Frei vom zuständigen Verein erläuterte an mehreren Beispielen die Typen und Funktionsweisen sowie künstlerisch gelungene Exemplare, nicht zuletzt im eigens angelegten Sonnenuhren-Park. Nach der thematisch bedingten Führung in der Sonne konnte man an der Kaffeetafel, umgeben von Orchideen und exotischen Tieren, neue Kräfte tanken, bevor es über die Höhen des Odenwalds nach Neckarsteinach, der südlichsten Stadt Hessens ging. Nach dem Aufstieg auf die staufische Hinterburg stellte Hans Wolf den Burgherren Bligger II. von Steinach vor, der im 12. Jahrhundert als einziger Minnesänger aus dem heutigen Hessen bekannt wurde. Er könnte vielleicht der Dichter des Nibelungenliedes sein; auf jeden Fall rühmte man ihn, weil er begleitet von der Harfe es verstand, Wort und Sinn wunderbar in Einklang zu bringen.

Mit dem Burgenblick auf die Neckarschleife und dem Dank an Hans Wolf und unseren Fahrer Jürgen Schäfer fand ein intensives Programm seinen Abschluss.

 

Lothar Kreuzer

 

Vgl. Wetterauer Zeitung 25. Juni 2022

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