Fahrt Ostfriesland

Unter dem Motto „Hinterm Deich“ waren unter der Leitung von Hans Wolf das Emsland, Ostfriesland, Jeverland und Ammerland Ziel der Viertagefahrt des Friedberger Geschichtsvereins.

Im dünn besiedelten Emsland fand eine Führung auf dem Gelände der 1795 gegründeten Meyer-Werft, des größten regionalen Arbeitgebers, statt. Ab 1972 aus der Stadtmitte der ehemaligen Fehnkolonie Papenburg (veen-Morast), einst Standort von 24 Werften, ausgelagert, produziert die siebtgrößte Werft der Welt in riesigen Docks in Blockbauweise mit neuester Fertigungstechnik seit 1984 für einen wachsenden Markt Kreuzfahrtschiffe. Alle 40 Schiffe sind noch im Einsatz, z. B. die Aida Nova, mit umweltschonenderem Flüssiggas betrieben, als schwimmende Kleinstadt mit allen Extras an Unterhaltung. Jeder Schiffbau über 36 Monate sichert 21000 Arbeitsplätze im Werk und bei Zulieferern.

Hans Wolf stellt das Wasserschloss Dornum vor

Hans Wolf wurde aus den Reihen des Vorstands unterstützt. Lothar Kreuzer hatte auf Papenburg und den Werftbesuch vorbereitet. Achim Meisinger erläuterte an Kartenmaterial und im Landschaftsbild die Entstehung der Naturräume im Exkursionsgebiet: Zum einen die Nieder-und Hochmoore, unter denen das Ewige Meer mit 91 ha Wasserfläche Deutschlands größtes ist und in dem man 1984 einen steinzeitlichen Bohlenweg entdeckte. Zum anderen die karge Geest und die ertragreiche Marsch, teilweise 2,5 m unter dem Meeresspiegel, sowie das Watt. Reinhard Schartl referierte über das Rechtssystem der „Friesischen Freiheit“, bei der am zentralen Upstalboom bei einem Jahrestreffen politisch beraten und Recht gesprochen wurde. Die besonderen Aufgaben von Küstenschutz und Deichbau ließen die Ostfriesen selbständige Viehbauern und -züchter ohne Grundherren bleiben, in der Marsch verteilten sie in der „Theelacht“ genossenschaftlich das Land. Unter ihren sog. Häuptlingen, die sich bekämpften, gewannen die Cirksena die Oberhand und dominierten, zu Reichsgrafen ernannt, von 1464 bis 1744. Dann suchte Preußen einen Zugang zur Nordsee und entwickelte das Land, während die Herrschaft der Hannoveraner (1815-66) und die Weimarer Zeit Rückschritte brachten.

Leer und die Kreisstadt Aurich, Mittelzentren und Marktplätze, wirken mit ihrem gepflegten Baubestand aus verschiedenen Epochen einladend; sie haben die einstigen Handelshäfen dem Tourismus erschlossen. Reformierte Kirchen zeugen von der Aufnahme von Glaubensflüchtlingen. Im Teemuseum Norden wurde die Reisegruppe bestens über die Geschichte des Getränks informiert und in einer Zeremonie zum ostfriesischen Teetrinker geschult. In Jever ist die Verehrung der Herrscherin Maria (1500-1575) präsent, die die Unabhängigkeit von Ostfriesland standhaft bewahrte.

Die Grafschaft Oldenburg entwickelte sich im Grenzgebiet zu Friesland als Handelsplatz. 1488 wurden die Grafen als Könige von Dänemark Herrscher über Skandinavien, Graf Anton Günther baute Oldenburg zur Renaissanceresidenz aus und steuerte es neutral durch den 30jährigen Krieg. Während einer zweiten Epoche als Residenz wurde die Lambertikirche von einer gotischen Halle in einen klassizistischen Rundbau umgestaltet.

Hinte, Pilsum und Rysum auf der Krummhörn bieten als hochwassergeschützte Warftdörfer, dem Siedlungstyp vor dem Deichbau, ein Ensemble von Kirche und Burg, aus statischen Gründen mit freistehendem Glockenturm. In Rysum bildete ein Konzert auf der wohl zweitältesten in Deutschland noch bespielbaren Orgel ein Highlight der Fahrt. In der Kirche von Rodenkirchen an der Unterweser beeindruckten Altar und Kanzel, von Ludwig Münstermann in manieristischem Stil geschaffen.

Landschaftlich begeisterten Schloss Lütetsburg, in dessen Park der Rhododendron in allen Farben blühte, und das Wasserschloss Dornum mit seinen zwei Gräften.

Abschließender Höhepunkt war Bremerhaven, Abfahrtshafen für 7,2 Millionen Auswanderer seit 1830. Im Auswanderhaus konnte man an verschiedenen Biographien unterschiedliche Motive für den Start in die Neue Welt nachvollziehen und Nöte bei der Überfahrt erleben, meist aus der Perspektive eines Passagiers im düsteren Zwischendeck eines Frachters. Der Verzehr eines Auswanderer-Eintopfs rundete den Museumsbesuch und die gelungene Fahrt ab.

Vgl. Wetterauer Zeitung 19.6.2019

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