Dr. Lindenthal, Neues aus der archäologischen Denkmalpflege

Kaiserstraße als Standort eines der ältesten Kaufhäuser nördlich der Alpen

         -Archäologischer Streifzug durch 5000 Jahre in und um Friedberg-

Vor einem gut besuchten Haus beim Friedberger Geschichtsverein sprach der Kreisarchäologe Dr. Jörg Lindenthal zum Thema „Töpfe, Becher, Schalen“ über aktuelle Grabungsergebnisse aus der Wetterau. Dass unsere Landschaft seit Jahrtausenden wegen ihrer hervorragenden Böden und des günstigen Klimas ein herausragendes Siedlungsgebiet ist, dokumentierte der Referent eindrucksvoll anhand einer Darstellung mit der sogenannten LIDAR –Technik. Auf der Kartierung der über 4000 archäologischen Fundstellen im Wetteraukreis treten unter anderem sehr markant der Limes sowie die zahlreichen archäologischen Hinterlassenschaften in der Kulturlandschaft zwischen Taunus und Vogelsberg hervor. Im Rahmen einer zweiten Grabungskampagne innerhalb des römischen Marschlagers  aus der Zeit des Kaisers Augustus am „Steinernen Kreuz“ wurden zahlreiche Gräberfelder, die bereits lange vorher Bestand hatten, aufgedeckt. Sie reichen von Schnurkeramikern der Jungsteinzeit über die Glockenbecherkultur, der Urnenfelderkultur der Bronzezeit, der eisenzeitlichen Hallstattzeit bis in die La Téne-Zeit. Insbesondere die Hockerbestattung aus der Glockenbecherkultur ( 2600 – 2200 v.Chr.) darf als eine Besonderheit angesehen werden, da diese sich als eine Grablegung mit zwei aneinander kauernden Skeletten darstellt. Interessant war auch eine eisenzeitliche Bestattung eines Kriegers innerhalb des römischen Spitzgrabens. Das Grab war mit einer schweren Steinplatte überdeckt und wurde so auch von den Römern nicht beschädigt. 

Durch die landwirtschaftliche Bodennutzung und die damit einhergehende Erosion wird es immer schwieriger die Grabungsbefunde eindeutig  zu zuordnen. Somit ergeben sich durch den enormen Siedlungsdruck zwar immer wieder Chancen für neue Grabungen, jedoch führen diese wiederum zu einem unwiederbringlichen Verlust der Bodendenkmäler. 

Dr. Lindenthal

Die Landschaft um Friedberg und Ober-Wöllstadt kann, so Dr. Lindenthal, als eine Metropole der Rössener Kultur der mittleren Steinzeit (4700-4400 v. Chr. ) angesehen werden, da auffallend viele Gebäudereste aus dieser Zeit in den vergangenen Jahren ausgegraben werden konnten. Es muss angenommen werden, dass die jeweiligen Familien in der Region untereinander auch in enger Beziehung standen. 

Als echtes Highlight erwies sich eine Grablegung in Ober-Wöllstadt, bei der ein sogenanntes Waffengrab eines Schwertträgers der älteren Hallstattzeit

(800 –  450 v. Chr. ) entdeckt werden konnte.  Der Mann muss aufgrund seiner reichen Grabbeigaben zur Elite gerechnet werden. 

Wie eng Fragestellungen zum Klimawandel und zur Archäologie im Zusammenhang stehen können, erläuterte Dr. Lindenthal am Beispiel einer römischen Getreidedarre. Das Gebäude wurde im Süden Bad Nauheims ausgegraben. Gegen Ende der römischen Herrschaft und zu Beginn der Völkerwanderung muss es zu einer deutlichen Klimaverschlechterung gekommen sein, sodass eine nachträgliche Trocknung der Ernte notwendig wurde. Außerdem wurden hier zwei römische Brunnen entdeckt, die, da sie innerhalb einer Tonpackung im Unterboden lagen, noch heute sich als wasserführend erwiesen. 

Der Fund einer vergoldeten römischen Zwiebelknopffibel gab ebenfalls Anlass zu Spekulationen. Das Teil gehört zu einer typischen Kleidung eines im römischen Staatsdienst stehenden Soldaten oder Beamten in der Spätantike. Es ist möglich, dass zu dieser Zeit der Besitzer auch bereits jenseits des Rheins in Mainz angesiedelt war oder er bereits als Germane in der Wetterau noch für die Römer Dienst tat. Eine römische Siedlungstätigkeit ist jedenfalls für diese Zeit um 300 n.Chr. nicht mehr nachweisbar, die Gebäude waren bereits niedergelegt und die Germanen errichteten ihre Gebäude bereits wieder in ihrer traditionellen Holzbauweise.

Zum Ende des überaus informativen Vortrages widmete sich der Kreisarchäologe einem Grabungsbefund auf dem heutigen Elvis Presley Platz. Im Zusammenhang mit der Entdeckung des Kauf-

Römische Getreidedarre aus Bad Nauheim-Süd (Foto: archäologische Denkmalpflege des Wetteraukreises)

und Waaghauses aus dem 14. Jahrh. legte man eine etwa 60 m langes und relativ schmales Fundament parallel zur Kaiserstraße frei. Ein ähnliches Gebäude wurde jetzt in der Hansestadt Stendal in Sachsen-Anhalt ausgegraben, welches sich als ein Kaufhaus aus dem späten 12. Jahrhundert entpuppte und als einzigartig im Raum nördlich der Alpen zu bezeichnen ist. Es darf überlegt werden, ob auch die Friedberger Mauerreste als ein frühes Marktgebäude aus der Stauferzeit anzusehen sind und damit in die Zeit der Stadtgründung eingeordnet werden können.  Leider konnten keine Scherben geborgen werden, die eine genaue Zuordnung ermöglicht hätten.

Mit langem Applaus dankten die Zuhörer dem Referenten. (Achim Meisinger)

 

Vgl. Wetterauer Zeitung 6.3.2019

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