Fahrt Münsterland

Der Friedberger Geschichtsverein erkundete auf einer viertägigen Exkursion unter Leitung von Hans Wolf das Münsterland, seit Karl dem Großen Teil des Frankenreichs, seit 1180 dem Erzbistum Köln unterstellt. 15 Ziele wurden angesteuert, um die wasserreiche Ebene, aber auch sandige Heiden mit dem hellen Baumberger Sandstein kennenzulernen. Von Marienfeld, der ersten Zisterzienserabtei Westfalens, deren Bauhütte stilbildend für den Typus Hallenkirche wurde, bis zum barocken Wasserschloss Anholt nahe der holländischen Grenze, vom im Emsland weit abgelegenen Jagdschloss des fünffachen Bischofs und Hochmeisters des Deutschen Orden Clemens August bis nach Nordkirchen, dem „Versailles des Münsterlands“, einem Privatschloss mit 240 ha Gelände,  stellte Hans Wolf Hauptorte, Burgen, Schlösser und Kirchen vor, die für die historische Entwicklung und landschaftstypisch sind. Achim Meisinger informierte mit Kartenmaterial und Gesteinsproben über die geologischen Strukturen vom Karbon bis zur jüngsten Eiszeit.

Der Vortrag ausgewählter Gedichte von Annette von Droste-Hülshoff ließ die Landschaft und ihre Bewohner sowie das Leben und die Weltsicht der berühmten heimischen Dichterin lebendig werden. Ihre Familie, Erbdroste (Droste=Truchsess) des Münsteraner Domkapitels, erwarben die Wasserburg Hülshoff, nach dem Tod des Vaters siedelten Mutter und Tochter auf den Witwensitz Rüschhaus über. Wasserburgen- oder Schlösser waren in der Regel Zweiinselanlagen mit Trennung von Wohnen und Wirtschaften, im Barock oft mit kunstvoll bepflanzten, weitläufig angelegten  Parkanlagen umgeben.

Herausragender Baumeister des Barock war im Münsterland Johann Conrad Schlaun (1695-1773), der sich vom Ingenieurleutnant bis zum Münsterschen Oberbaudirektor hocharbeitete. Mit hervorragenden Beziehungen v.a. zum Fürstbischof Clemens August konnte er bei vielen Bauten Architektur, Parkanlage und Wasserläufe gelungen aufeinander beziehen. Der charakterlich schwierige Mensch hatte sich Rüschhaus als kombiniertes Bauern-und Herrenhaus errichtet, mit eigenem Hausaltar. Jagdschloss Clemenswerth mit acht Pavillons und Waldschneisen als Blickachsen vom lebenslustigen Bischof bayrischer Herkunft sternförmig angelegt, Nordkirchen, in Münster der Erbdrostehof Vischering, als dreiflügelige Stadtresidenz raffiniert  auf einem Eckgrundstück erbaut, die Clemenskirche und das Schloss, ursprünglich  als Bischofssitz gedacht, dokumentieren sein Können.

In Münster und Osnabrück, Bistümer aus karolingischer Zeit  und bedeutende Hansestädte, rangen zum Ende des Dreißigjährigen Kriegs drei Jahre lang katholische und evangelische Delegierte getrennt voneinander und auch untereinander zerstritten in den Rathäusern um Beschlüsse, die Europa nachhaltig neu ordneten. In den Städten wurden wiederholt heftige Konflikte zwischen der Kirche und dem mächtigen Adel militärisch ausgetragen. Blutig endete die dreijährige Herrschaft der fundamentalistischen protestantischen Wiedertäufer nach der Niederlage gegen die bischöfliche Armee, die Leichen wurden in Käfigen hoch oben an der Lambertikirche zur Schau gestellt.

Marienfeld mit seinen Spitzkuppelgewölben, Stift Freckenhorst mit seinen fünf Türmen und künstlerisch wertvollem Taufstein, die Dome zu Münster und Osnabrück oder Billerbeck sind vollständig oder in ihren ältesten Teilen überragende Bauten im romanischen Stil.  Die ersten Pfarreien gründete um 800 Bischof Liudger, auch Telgte, berühmt durch seine Marienwallfahrt seit 1455.

Als wahrscheinlichster Schauplatz der Varusschlacht 9 n. Chr. gilt Kalkriese, wo ein modernes Besucherzentrum mit Aussichtsturm und ein Park rund um das  Grabungsgelände das mögliche Geschehen der epochalen Niederlage der Römer gegen Germanen unter Führung des Arminius und die Funde präsentiert und die ideologische Vereinnahmung des Schlachtmythos in 500 Jahren deutscher Geschichte aufarbeitet.

Mit dem Dank an Hans Wolf wurde die Hoffnung verbunden, dass die Wiederholung der Fahrt Anfang September ebenso gelingen wird. Einige Plätze können noch gebucht werden in der Geschäftsstelle des Friedberger Geschichtsvereins. Informationen unter www.friedbergergeschichtsverein.de

Lothar Kreuzer

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