Presse 2012 Mithras Amrhein (Mei)

Unsagbar , geheim und verboten

Vortrag beim Friedberger Geschichtsverein über den Aufstieg und Niedergang des Mithras-Kultes im Römischen Reich

In der vergangenen Woche referierte der stellvertretende Leiter der Saalburg, Dr. Carsten Amrhein, über den Mysterienkult der Römischen Gottheit „Sol invictus Mithras“, der seinen Ursprung bereits im 14. Jahrhundert vor Christus in Kleinasien hatte. Mithras bedeutet so viel wie Vertrag und stellt somit die Gottheit von Vereinbarung, Wahrheit und Bündnis dar. Die römische Neuschöpfung dieses an sich schon sehr alten Kultes verbreitete sich etwa 100 n. Chr. im gesamten Römischen Reich sehr rasch und erlangte eine große Bedeutung, ohne dabei staatstragend zu werden. Allein in Rom konnten etwa 800 sogenannte Mithräen nachgewiesen werden.

War man in der Forschung zunächst der Auffassung, dass insbesondere auch am Römisch-germanischen Limes die Mithras-Kultur weit verbreitet war, haben weitere Ausgrabungen ergeben, dass auch in den übrigen römischen Provinzen diese Kultur großen Zulauf erfuhr. Somit konnten nicht nur römische Legionäre und Beamte, sondern auch die gesamte römische Gesellschaft, sogar Sklaven als Anhänger des Mithras-Kultes bezeichnet werden.

Die Kultstätten wurden stets in Form einer künstlichen Höhle errichtet und besaßen auch meist den gleichen Baustil mit  Tonnengewölbe, unter dem  ein Mittelgang mit einem siebenstufigen Treppenaufgang in Ost-West-Richtung zur Apsis mit einem Altar führte. Dieser wurde von zwei krippenartigen Podien flankiert, die als Liegeplätze dienten. Die  sieben Stufen entsprachen dem jeweiligen Weihegrad (Rabe, Bräutigam, Soldat, Löwe, Perser, Sonnenläufer und Vater), den die Gläubigen im Laufe ihrer Zugehörigkeit zum Mithras-Kult durchliefen. Der Altar wurde durch ein Wandbild bzw. ein Steinrelief mit einem Stiertötungsmotiv überragt. Die religiösen Zeremonien waren, da es sich um einen Geheimbund handelte, nicht öffentlich und auch Frauen war der Zugang verwehrt. Die Größe einer Mithrasgemeinde betrug höchstens 40 Personen, was in der Kleinräumigkeit der Kultstätte begründet war. Das erklärt außerdem die Existenz mehrerer Mithräen in einer römischen Niederlassung.

Die Informationen zu dieser Kultur sind aufgrund ihrer Geheimhaltung bis heute sehr rar und so verwundert es nicht, dass sie für die moderne Archäologie sehr viele Rätsel aufgibt. So lassen zum Beispiel Funde den Schluss zu, dass es bei den Riten zu inszenierten Scheinhinrichtungen oder auch zu regelrechten Opferszenen mit Hühnerfleisch oder Stierblut gekommen sein könnte. Häufig aufgedeckte Fresken eines Sternenhimmels sowie Reliefbilder der Fackelträger („Cautes“ und „Cautopates“) können zu der Annahme führen, dass der Lauf der Planeten sowie die Tag- und Nachtgleichen von Frühling und Herbst symbolisiert werden.

Als zentrale Botschaft des Kultes steht der Sieg des Mithras im Kampf gegen den Stier als Symbol der Kraft im Mittelpunkt. Durch diese Tieropferung entstand unsere Erde und der gesamte Kosmos. In dem gemeinsamen Mahl von Sol und Mithras kann man eine Gemeinsamkeit von Mithrasmysterium und Christentum erkennen. Als Kaiser Theodosius I. 391 n. Chr. das Christentum zur Staatsreligion erklärte, verschwand der Mithras-Kult schlagartig aus dem Fokus der Öffentlichkeit.

Das Mithräum von Friedberg wurde bereits 1849 von Gustav Dieffenbach in der Großen Klostergasse entdeckt und Theodor Goldmann konnte im Rahmen einer weiteren Grabungskampagne eine umfassende Untersuchung vornehmen. Die Kultstätte konnte, da eine  Münze des Kaisers Marc Aurel gefunden wurde,  in die Jahre um 180 n. Chr. datiert werden. Neben einem großen Kultbild der Stiertötungsszene wurden auch Skulpturen der hier beschriebenen Fackelträger gefunden. Weitere ähnliche Funde lassen vermuten, dass in Friedberg mindestens zwei weitere Mithräen existiert haben müssen, und somit steht Friedberg in guter Gesellschaft mit der Provinz-Hauptstadt Frankfurt-Heddernheim, in der bisher vier Mithräen gefunden wurden.

Die Zuhörer dankten mit lang anhaltenden Applaus für den überaus spannenden Exkurs in eine Welt der mystischen Religionsausübung der römischen Kulturgeschichte. (Achim Meisinger)

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