Lothar Kreuzer: In zwei Monumentalmikwen am Rhein

Wetterauer Zeitung, 09.01.2011

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Exkursion von Museum und Geschichtsverein im Rahmen des Jubiläums \“750 Jahre Judenbad\“

von Lothar Kreuzer

 

Die Veranstaltungen zum 750jährigen Jubiläum des Friedberger Judenbades wurden mit einer Exkursion nach Speyer und Worms fortgesetzt, in Städte mit großen jüdischen Gemeinden und zwei der fünf gut erhaltenen mittelalterlichen Monumentalmikwen entlang des Rheins.

Unter Führung des Leiters des Wetterau-Museums, Johannes Kögler, und von Hans Wolf für den Geschichtsverein steuerte man zuerst Speyer an. Nach der Machtübernahme der Salier als neue Herrscherdynastie im deutschen Reich entwickelte sich im 11. Jahrhundert im Schatten des riesigen neuen Doms in der aufstrebenden und dann lange politisch bedeutsamen Stadtdie jüdische Gemeinde. Trotz bester Privilegien war diese in den folgenden 400 Jahren immer wieder von Pogromen betroffen, die Bewohner verfolgt und umgebracht worden.

Von der 1104 erbauten Synagoge sind als original romanische Bausubstanz die Sandsteinquader der Ostwand (mit gotischen Umbauten) und Teile des Fußbodens erhalten. Im 13. Jh. erfolgte der Anbau des Betraums für Frauen, mit Hörschlitzen in der Wand. In der Wand steckende Kanonenkugeln zeugen von der späteren Verwendung als Zeughaus, nach der Auflösung der Gemeinde. Speyer insgesamt hatte dann unter den Zerstörungen der Franzosen im pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 zu leiden.

Auf absichtlich unterschiedlich hoch angeordneten Stufen steigt man bedächtig durch ein Tonnengewölbe in die Mikwe hinab, an der etwa um 1110/20 Bauleute der Dombauhütte gearbeitet haben. Der Vorraum des Bades mit seinem Kreuzgratgewölbe führte auf halbrunder Treppe Männer und Frauen zum rituellen Untertauchen in lebendigem Wasser. Am Jahrestag der Weihe von 1161 besichtigte man den Dom, die zu ihrer Zeit größte Kirche der Christenheit, und die Grablege deutscher Herrscher in der Krypta. Der im Osten noch original romanisch erhaltene Bau erhielt als architektonisches Wagnis als erster in Deutschland ein Deckengewölbe über dem Mittelschiff. Die Führung durch die jüdischen Stätten von Worms begann im Wohnviertel entlang des Nordbogens der Stadtmauer. Die älteste deutsche Synagoge von 1034 wurde nach ihrer Zerstörung von 1938 nach dem Krieg mit Originalmaterial wieder aufgerichtet. Auffallend im schlichten Innenraum ist ein Westfenster, mit dessen Hilfe man den Beginn des Sabbats bestimmen konnte. In neuerer Zeit ist die Umgrenzung des Lesepultes beseitigt und die Mauer zum Frauenraum geöffnet worden. Dieser ist die früheste mit einer Säule zentral gestützte Halle. Die Mikwe ist im kleineren Format nach dem Vorbild Speyer erbaut. Die hebräische Stifterinschrift verweist auf 1185/86. Das nach dem berühmten Gelehrten Raschi, der als Student in Worms weilte, benannte Museum zeigt eine große Sammlung von Judaica sowie Urkunden zur Geschichte der Schum-Gemeinden (Abkürzung für Speyer, Worms und Mainz; hebräisch: Knoblauch – die Männer waren an ihrer Kleidung mit einem Säckchen mit Knoblauchzehen zu erkennen; ihr Handeln bezeichnete man als ‚schummeln‘).
Abschließend ging es auf den ältesten und größten jüdischen Friedhof Europas mit seinen ganz unterschiedlich gestalteten Grabsteinen aus neun Jahrhunderten. Mit dem Blick von hier auf den Dom endete die intensive Begegnung mit jüdischem Leben am Rhein. Die einheimischen Führer hoben dabei immer die besondere Monumentalität der Friedberger Mikwe hervor.

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    7:15 Uhr Bad Nauheim, Haltestellen Frankfurter Str. (ehem. Lidl) und Söderweg

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