Hans Wolf: Fundsache Luther- Archäologen auf den Spuren des Reformators

Exkursion

»Hans Wolf: Fundsache Luther- Archäologen auf den Spuren des Reformators«

Leitung: Hans Wolf:

Datum: 14.11.2009

Von: Friedberg

Nach: Worms / Mannheim

Abfahrtszeit: Uhr

Aus Anlass der Ausstellung „Fundsache Luther“ führte Hans Wolf den Friedberger Geschichtsverein in die seit der Antike besiedelte spätere Reichsstadt Worms und in die kurpfälzische Residenz Mannheim mit ihren rechtwinkligen Planquadraten und dem zwischen Stadt und Fluss gelegenen riesigen Schloss, gedacht als Herrscher – und Verwaltungsbau und heute Sitz der Universität.

In der beeindruckenden Mannheimer Ausstellung wurden Ergebnisse von Ausgrabungen zur Bauforschung der von der Familie Luther in Mansfeld und Wittenberg bewohnten Häuser und zu den Lebensverhältnissen der Zeit um 1500 präsentiert. Der Alltag wurde aus Funden u.a. in Müllgruben rekonstruiert und mit naturwissenschaftlichen Methoden ausgewertet. Die Resultate belegen den neueren Stand der Forschung, Luther stamme aus wohlhabender Familie und habe sich nicht aus eigener Not heraus gegen die Kirche seiner Zeit erhoben. Exemplarisch dafür seien genannt: Luthers Vater, der als gräflicher Beamter mit Bergwerksbau zu tun hatte, verfügte über Kupferschlacke als hochwertiges Heizmittel; bei Luthers Hochzeit 1525 wurden 40 Verwandte und Gäste gut bewirtet; seine Bibliothek war gut bestückt. Gegen die Pest, der auch Familienangehörige zum Opfer fielen, versuchte man sich durch Räuchern der Luft und mit Hilfe einer Pestkapuze, mit der man aromatische Stoffe inhalierte, zu wehren. Ein wesentlicher Teil der Ausstellung widmete sich Luthers Gemahlin Katharina von Bora. Seine Ehe mit der entflohenen Nonne war von der Kirche als Skandal empfunden und mit unchristlichen Verwünschungen begleitet worden. Der in Gelddingen unbedarfte Reformator verdankt seiner Frau („Herr Käthe“) die Sicherung der Finanzen. Da Luther sie widerrechtlich zur Alleinerbin einsetzte, machte er sie mittellos und von der Fürsprache anderer abhängig.

Natürlich war ein Teil der Ausstellung auch Luthers theologischem Wirken gewidmet. Er war entgegen der Absichten seines Vaters 1505 Mönch geworden. Ab 1512 lehrte er als Professor für Bibelauslegung. Das produktive häusliche Arbeiten inmitten der Kinderschar war sicherlich nicht einfach und manchmal von unangenehmen Gerüchen begleitet, da man bei den Kindern auf Windeln verzichtete. Seine 95 Thesen und diesbezügliche Briefe waren nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, sondern sollten die Grundlage einer Gelehrtendebatte bilden. Ein bekanntes Druckexemplar verzeichnet nur 87 Thesen, da der Setzer aus Platzgründen einige eigenmächtig zusammengefasst hat. In einer Vitrine hatte man einen echten Ablasszettel vor Augen und eine Tabelle, anhand derer man die Höhe des Sündenerlasses errechnen konnte. Die Propaganda nach Luthers Tod führte auch zur Verbreitung von Reliquien. Als Kuriosum gilt dabei Lutherblut von einem Flohbiss. In Worms führte Hans Wolf an den Schauplatz des Nibelungenliedes, zu den jüdischen Stätten, den Bauten der Reichsstadt und auf Luthers Spuren von 1521.

Das Nibelungenlied verlegt Ereignisse der Völkerwanderung in die Stauferzeit und an den Rhein. Lebendig werden ließ es Hans Wolf, als er auf den Stufen vor dem Domportal die Szene deklamierte, in der sich Kriemhild und Brunhild vor dem sonntäglichen Gottesdienst heftig beschimpften.
2000 Grabsteine auf dem größten jüdischen Friedhof Mitteleuropas zeugen von der Bedeutung der Gemeinde. Die ruhige Atmosphäre der Grabstätten, auf denen Steine auf kürzlich erfolgten Besuch hinwiesen, beeindruckte die Besucher. Die Judengasse führt in einem Bogen entlang der äußersten Stadtmauer zur ältesten deutschen Synagoge , zur Mikwe und zu einer der bedeutendsten Talmudschulen. Wegen des Sabbats war eine Besichtigung im Innern nicht möglich. Das Geschlecht der Salier prägte im frühen Mittelalter die Stadt. Bekanntester Vertreter war Heinrich IV., der im Kampf gegen den Papst den Kirchenbann und seinen drohenden Machtverlust durch den Gang nach Canossa abwendete. Der Streit zwischen kirchlicher und weltlicher Macht wurde 1122 unter seinem Sohn im Wormser Konkordat beigelegt. Später wurde in der Stadt der Rheinische Städtebund gegründet, dem auch Friedberg beitrat. Der Dom St. Peter, der nach mehreren Vorgängerbauten im 12. Jahrhundert in wenigen Jahrzehnten errichtet wurde, ist heute fast als einziges Wahrzeichen der Blütezeit von Worms erhalten. Die Stadt wurde immer wieder von schweren Zerstörungen getroffen. Der epochale Auftritt Luthers vor dem Reichstag 1521 (für den die Worte: „Hier stehe ich und kann nicht anders“ nicht gesichert sind) hat seinen monumentalen Widerhall im Denkmal von Rietschel, 1868 nach langer Spendensammlung fertiggestellt. Auf ihm sind alle bedeutenden Reformatoren, reformierte Herrscher und Städte verewigt. Nach seiner Abreise aus Worms übernachtete Luther in Friedberg. Mit Schreiben, die sein Handeln noch einmal erklären sollten, schickte er den Herold Kaspar Sturm los. Sein Schwert, dessen Datierung in die Lutherzeit mittlerweile umstritten ist, hatte als Leihgabe des Wetterau- Museums in der Mannheimer Ausstellung einen gebührenden Platz.

Auf der Rückfahrt galt der Dank Hans Wolf für die gelungene Planung und Gestaltung des Tages; voller Vorfreude auf die Exkursionen der kommenden Saison kehrte man in die Wetterau zurück.

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