Vortrag: Altes Hallenbad in Friedberg

Wetterauer Zeitung, 08.12.2004

»Großes Interesse am Alten Hallenbad – nur der Investor fehlt «

Der Friedberger Michael Bender hielt vor den Mitgliedern des Geschichtsvereins einen fundierten Vortrag über das altehrwürdige Gebäude

von Burkhard Steinhauer

 

Der vorletzte Vortragsabend des Friedberger Geschichtsvereins für dieses Jahr behandelte das Thema „Das Alte Hallenbad in Friedberg – Erstellen einer Nutzungsstudie“. Der Vorsitzende des Vereins, Hans Wolf, konnte Prof. Hermann Wirth von der Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Architektur, für die einführenden Worte zum Vortrag im Bibliothekszentrum gewinnen. Seit 1993 gibt es einmalig in Deutschland in Weimar eine ordentliche Professur „Baudenkmal“. Man befasst sich mit denkmalpflegerischen „Sorgenkindern“. Oft wären es die Vereine, die sich einem Denkmal widmeten. Wirth meinte damit nicht die Denkmäler die am „Tag des offenen Denkmals“ vorgestellt würden, sondern diejenigen, die desolat sind. Zuerst nehme man sich dem Verfall und der Verwahlosungsgeschichte an und erarbeite dann eine Denkmalwertfestsetzung, die in einer Schadensanalytik mündet.

Die Verbindung zum Geschichtsverein kam über seinen Studenten Michael Bender zustande, einem Friedberger, der an der Augustinerschule sein Abitur machte und bei Hans Wolf einen Leistungskurs Geschichte belegte. Bender und seine Kommilitonin Martina Rost bildeten in Weimar eine Arbeitsgruppe, die sich über einen längeren Zeitraum mit dem Alten Hallenbad beschäftigten. Beide erarbeiteten das Bauaufmaß und die denkmalpflegerische Analyse sowie einen Maßnahmenkatalog für zwei Nutzungsvarianten (Konzeption Wellness bzw. Konzeption Kultur).
So kam es dann zu einem hochinteressanten Diavortrag im sehr gut besuchten Bibliothekszentrum. Wolf hatte schon vorab darauf hingewiesen, dass dieser Vortrag ein wichtiger Beitrag zur Altstadtförderung in Friedberg sei.

Zu Beginn seines Vortrags zitierte Bender Altbürgermeister Dr. Ludwig Fuhr, der 1984 gesagt hat: „Bei dem Bau des Alten Hallenbades in Friedberg hat die Stadt die Verpflichtung übernommen, das Unternehmen als Badeanstalt zu führen oder, falls es als Badeanstalt nicht mehr betrieben wird, es in einer anderen Weise gemeinnützigen Zwecken dienstbar zu machen, die es ermöglichen, das Erbe bürgerlichen Gemeinsinns in einer Form weiterzuführen, die den Intensionen der damaligen zahlreichen Spender Rechnung trägt.“
Bender dankte allen Mitarbeitern des Stadtarchivs, die ihn und Frau Rost auf dem Weg bis zur Analyse unterstützt haben. Er habe noch Kindheitserinnerungen an das Hallenbad. Im Kunstkurs an der Augustinerschule bei Frau Ursula Hensellek-Siller sei er 1993 wieder mit dem Alten Hallenbad beschäftigt gewesen. Zunächst zeigte er Dias zur Stadtentwicklung der Zeit 1907 – 1909, der Zeit der Errichtung des Hallenbades. Es folgten Lichtbilder der Architekturzeichnungen, wie Vorentwurf, Lageplan, Entwürfe des leitenden Architekten Hans Meyer aus Gießen, Ansichten von Norden (1909), die sehr stark von dem heutigen Bild der Außenanlagen abweichen und Grundrisse der verschiedenen Etagen. In der Zeit 1952 – 1956 wurden umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt und in den Jahren 1961 bis 1964 erfolgte der letzte große Umbau. In diesen Jahren wurde das Schwimmbecken verändert und der gesamte Jugendstilschmuck entfernt. 1970 erhielt die Schwimmhalle neue Fliesen und 10 Jahre später, am 31. Mai 1980, wurde das Hallenbad für immer geschlossen. Am 4. Juli des gleichen Jahres eröffnete das Usa-Wellenbad in den Usaauen vor den Toren Bad Nauheims. Seit 1978 steht die gesamte Anlage, die als Neobarock betrachtet wird, unter Denkmalschutz.

Bender, der in Zusammenarbeit mit Martina Rost zuerst eine Kardierung vornahm, erklärte anhand der gezeigten Dias die Begriffe „nullwertig“, „mittelwertig“ und „hochwertig“ für Bauteile und Bauelemente und legte eine Schadens- und Mangelanalyse vor.
Im letzten Teil seines Vortrages kam Michael Bender auf zwei Nutzungsvarianten zu sprechen:
1. Konzeption Wellness. Badebetrieb, Massage, Fuß- und Handpflege, Wannenbäder, Sonnenterrasse, Fitness und Rückenschulung. Ein Kommunikationsbereich mit einem Barbereich. Ein Raum, der die Geschichte des Bades dokumentiert.
2. Konzeption Kultur. Der Schwerpunkt sollte die Ausstellung sein. Auch der Kunstverein könnte hier eingebunden werden. Im Obergeschoss stellt sich Bender und Rost eine gastronomische Einrichtung vor. Im Sommer außen zusätzliche Tische im Südbereich, eventuell ein Biergarten. In der Vorhalle sollten kleinere Gruppenräume entstehen für Veranstaltungen aller Art. Ein Barbereich gehöre unbedingt dazu. Der ehemalige Wannenbereich sollte ein abteilbarer Raum für Veranstaltungen werden. Im Schwimmbecken sollte ein Hubbühne eingebaut werden und Sitzflächen für Theateraufführungen. Auch Tanzvorstellungen, Diavorträge und Firmenveranstaltungen könnten hier stattfinden. Auch die Volksbühne könnte hier etabliert werden. Im darunter liegenden Keller sollte ein Garderobenbereich für die Darsteller mit einer Verbindung zur Bühne entstehen und Proberäume. Auch bei dieser Variante wünscht er sich einen Raum, der die Geschichte des Bades aufzeigt.

An der Haagstraße stellt sich Bender ein sogenanntes Gästehaus mit einem Mansarddach vor, wie es in ähnlicher Weise der Architekt Hans Meyer ursprünglich geplant hatte. Die Parkplätze sollten verschwinden und statt dessen Rotdornbäume wie in den 1910 er Jahren angepflanzt werden. Abschließend sagte Bender: „Man solle das Alte Hallenbad unbedingt im Gespräch halten und dem Förderkreis beitreten. Als Friedberger müsse man ideellen Druck auf die Politiker ausüben.“
Alle Anwesenden waren der Meinung, dass das Hallenbad unbedingt erhalten werden muss. Es kam der Vorschlag zunächst mit einem Minimalaufwand den technischen Zustand zu verbessern. Ein Zuhörer war der Meinung, das die Sanierungsgelder, die für die Umgestaltung des Elvis-Presley-Platzes vorgesehen sind, besser im Alten Hallenbad als erster Schritt investiert werden sollten. Die Allee wäre seit 1847 unverändert und daher als historisch erhaltenswert einzustufen. Prof. Dr. Klaus Tölle (Fachbereich Wirtschaft der FH Gießen Friedberg) ließ die Zuhörerschaft wissen, dass zur Zeit der Arbeitskreis „Bildung, Wissenschaft, Kunst und Geschichte“ von Stadtmarketing Friedberg e.V. in Kooperation mit der FH Gießen-Friedberg und der Stadt zwei Forschungsprojekte zum Themenbereich „Kulturmarketing“ durchführt. Im ersten Projekt geht es konkret um das Alte Hallenbad. Ca. 20 Studenten seines Fachbereichs haben alternative Konzepte zu Nutzung des Gebäudes entwickelt und testen diese auf Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürgern der Kreisstadt. Im zweiten Projekt geht es um eine ganzheitliche Betrachtung einer Friedberger Kulturachse vom Roten Turm über das Alte Hallenbad zum Museum, der Stadtkirche, dem Bibliothekszentrum und dem Judenbad zur Burg. Das Alte Hallenbad spiele eine nicht unbedeutsame Rolle, denn es ist Bestandteil der Kultur- und Museumsinsel um die Stadtkirche herum. Die Ergebnisse aus beiden empirischen Studien werden im Frühjahr der Öffentlichkeit vorgestellt.

Der Vorsitzende des Geschichtsvereins, Hans Wolf, dankte Bender für den fundierten Vortrag und meldete die Übergabe eines „Marksteins der Friedberger Geschichte“. Es handele sich um einen Film aus den 50er Jahren, der im Auftrag der Blindenschule im Hallenbad gedreht wurde, und Schüler der Schule beim Schwimmunterricht zeigt. Wolf will sich dafür einsetzen, dass für das Stadtarchiv eine Kopie angefertigt wird.
Im Internet www.wetterauer-zeitung.de

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